Tiny House Bauvorschriften in Bayern
Mit der 75m³ Regelung, sind die Bayern führend im Bereich Tiny House, auch auf Rädern. Man braucht zwar keine Baugenehmigung ansich, aber es gibt dennoch Vorschriften die beachtet werden müssen. In diesem Artikel geht es daher um die Vorgaben für Tiny Häuser in Bayern. Netterweise hibt es dazu auch ein PDF vom Landtag, wo die wichtigsten Fragen ebenfalls geklärt werden.
https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0011865.pdf
Nun bin ich kein Profi, aber ich versuche alles im Detail nach bestem Wissen zu erläutern. Ansonsten ruft einfach das betroffene Bauamt an, die sind meist sehr aufgeschlossen.
Was ist die 75m³ Regelung
Kleine Gebäude brauchen oft keine Baugenehmigung, aber die Größen dafür sind in den Bundesländern unterschiedlich. Bayern ist hier mit 75m³ Spitzenreiter. Dabei zählt der Bruttorauminhalt, gemessen an den Außenkanten. Bei Tiny House on Wheel zählt dabei auch der Raum unter dem Hänger, also bis zum Boden.
Wie ihr im Inhalt seht, gibt es noch weitere Vorschriften, die man einhalten muss. Die Befreiung hat aber einige Vorteile beim Bau.
Zusammengefasst:
- Bis 75m³ keine Baugenehmigung
- Es zählen die Außenkannten für die Berechnung des BRI – das ist DIN genormt.
- On Wheel wird bis zum Boden gerechnet
- Andere Vorschriften müssen aber beachtet werden
Was bedeuten 75m³
Wenn man flach baut mit Dachhöhe 2,5m ( Gebaudeklasse 1 hat in Bayern definierte Höhe für Aufenthaltsräume, aber das greift hier nicht. ) bleibt eine Grundfläche von 30m². Das können dann 5×6 oder 7,5×4 sein. Im Prinzip ein 1-Zimmer Apartment mit kleinem Bad. Nun sind 2,5m Höhe nicht viel ( Innendecke dann wohl eher 2,2m je nach Aufbau), daher auch mal auf 3m gerechnet. Dann bleiben 25m² Grundfläche. Also 5×5 oder 6×4. Wahrscheinlich ist hier 8×3 die sinnvollste Lösung.
Bedenkt, ihr braucht auch noch die GEG mit dem 024er Durchlasswert.
Daher sind die 75m³ Tiny Häuser für Singles oder Paare eine beliebte Variante. Vor allem können auf ein Grundstück gleich mehrere Tiny Häuser gestellt werden. Mit der 3m Regel aus den Abständen in der Landesbauordnung, wird aus 6×4 immerhin 12x10m – Damit sind es 120m². Somit würden auf unser 650m² Grundstück gleich 5 Tiny Huuser Platz finden. Das schafft auch mehr Wohngebiet, als bei einem EFH.
Somit eignen sich diese Tiny Häuser auch für die Zeitbebauung und Verdichtung.
Wollt ihr größer bauen, dann braucht es die übliche Baugenehmigung.
Baugenehmigung
Man braucht zwar keine Baugenehmigung, aber da man einige Vorschriften einhalten muss, ist das Bauamt dennoch zu informieren und man muss die benötigten Unterlagen beibringen. Hier wird dann geprüft, wie Abstände sind, ob Parkplätze angelegt sind oder GEG und Abwasser eingehalten wurden. Man könnte also sagen, es ist eher eine Prüfung, als eine Genehmigung.
Basis ist natürlich, dass das Grundstück für die Bebauung zugelassen ist. Dazu solltet ihr euch auf dem Bauamt erkundigen. Fragt dabei gleich nach dem Bebauungsplan, denn wenn ihr den nicht einhaltet oder Sonderwünsche habt, dann muss eine Befreiung für diese Punkte beantragt werden. Ob das dann gestattet wird, liegt im Ermessen der Baubehörden.
Dabei ist es rechtlich egal, ob das Tiny Haus fest gebaut wird, oder auf Rädern ist.
Dauer der Baugenehmigung: Rechnet 1-3 Monate. Das hängt auch davon ab, ob es Sonderwünschen und Befreiungen besprochen werden müssen. Wenn dem nicht so ist, geht es meist sehr schnell. Für unser EFH hat die Baugenehmigung vom Martinsheim und Kitzingen nur 8 Tage genraucht! Sensationell!
Ein Punkt sollte noch erwähnt werden. Auch wenn das alles verfahrensfrei ist, es darf grundsätzlich nur ein Tiny House pro Grundstück aufgestellt werden. Alles darüber hinaus solltet ihr mit dem Bauamt besprechen. Auch gilt die 75m³ Regelung nicht mehr, wenn ihr 2 davon nebeneinander stellen wollt.
Das braucht ein Tiny House oder Tiny House on Wheel
- Bad und Küche
- Es braucht Fenster
- Deckenhöhe ist in Bayern in der Gebäudeklasse 1 nicht definiert und kann frei gewählt werden
- Sollte die Fenster nicht zu öffnen sein oder es fensterlose Zimmer geben, dann braucht es eine Belüftung. Mein Tipp: Gibt Belüftung mit Wärmetauscher.
- Treppen und Blitzschutz laut Bestimmung
- Bei Kamin müssen die Vorschriften eingehalten werden
- Die GEG muss eingehalten werden
- Ggf Hochwasserschutz
- Alles sollte auch zu den Stvo Vorgaben passen. Also Maße, Splitterschutz und Ladungssicherung
Zusammengefasst:
- Ihr braucht keine Baugenehmigung oder Kenntnisverfahren
- Ihr seid verantwortlich, dass alle Vorgaben eingehalten werden
- Vorgaben sind: Bebauungsplan, GEG, Abwasser, Hochwasserschutz, Standsicherheit, Kaminofen usw.
- Ihr braucht dazu die benötigten Unterlagen. Welche das jeweils sind, sagt euch die Baubehörde.
Landesbauordnung
Die ist als Dach für alle Kommunen da und regelt allgemeine Dinge. Unter anderem die 75m³ Regelung, aber auch Abstände oder Zuwege. Ähnlich wie bei einem EFH kann man sich von einigen Dingen befreien lassen, aber dafür gibt es Regeln. Wer zum Beispiel direkt an der Grundstücksgrenze bauen will, da gibt es einige Vorgaben.
Letztendlich regeln diese auch das Zusammenleben der Nachbarn und sind dafür da, dass anderen Nachbarn kein Schaden entstehen.
Allerdings sind wir hier wieder bei Genehmigungsfrei, einhalten müssen wir Abstände usw. dennoch.
Bebauungsplan
Der gibt die örtlichen Rahmenbedingungen an. Wenn kein Bebauungsplan vorliegt, dann gilt $34 BauGB und soll sich in die Umgebung einfügen. Dehnbarer Begriff…. Hier ist es wohl dennoch ratsam, etwas Diplomatie walten zu lassen.
Wenn es einen Bebauungsplan gibt, dann ist der einzuhalten! Oder nicht?
Aus meiner Sicht kollidiert das hier etwas. In das Ortsbild einfügen und Verfahrensfrei… Theoretisch und auch praktisch muss es nicht die geforderte Dachform oder Farbe haben. In der Praxis gleich mal mit allen Nachbarn und Kommune anlegen? Eure Entscheidung. Versucht einen Kompromiss wie ein Pultdach und knallt Solar drauf. Passt es dafür vielleicht farblich an oder schaut, wie sich das THoW besser einpasst.
Ortssatzung
Die gute Nachricht zuerst, in Bayern gibt es die Straßenbeteiligung nicht mehr. Dennoch können in der Satzung einige Dinge stehen, die Geld kosten. Sehr beliebt die Wasser- und Abwasserabschnitte, teilweise auch ausgelagert zu den Wasserversorgern. Darin können Beteiligungen und Kosten für die Hausbesitzer anfallen. Lest euch das daher gut durch oder fragt auf dem Bauamt.
Auch bei verdichteten Flächen, wo Regenwasser in die Kanalisation einfließt, können Gebühren verlangt werden. Das kann man teilweise mit einer Zisterne umgehen. Steht evtl. auch im Bebauungsplan.
Klärt das im Vorfeld, da es bei der Planung berücksichtigt werden sollte.
Abwasserverordnung
Auch das muss geklärt werden. Theoretisch wäre eine Klärgrube denkbar, aber auch der Anschluzss über die kommunale Abwasserentsorgung. Welche Möglichkeiten ihr habt, seht ihr in der Ortssatzung. Aber wenn es ein kommunales Abwassernetz gibt, werdet ihr wohl daran müssen.
Beim eigenen Grundstück läuft das, wie beim normalen EFH.
Habt ihr ein mobiles Tiny House und wollt nur pachten, dann braucht man Anschlüsse, die dafür geeignet sind. Dazu gehört auch Dämmung und Reinigung, wenn man umzieht. Theoretisch wäre auch Trenntoilette und Grauwasserbehälter möglich, aber das dürfte arge Diskussionen auslösen.
Sofern kein Kanal da ist, wäre auch eine Kleinkläranlage eine Option. Fragt mal im Bauamt, was dort erlaubt ist.
Hochwassergebiet
Unsere erste Idee war ein Grundstück, dass aber im Hochwassergebiet lag. Da gibt es vom Wasseramt auch noch Vorgaben und man braucht die entsprechenden Infos für das Bauamt. Das Bauamt sagt euch auch, welches Wasseramt für euch zuständig ist und was man braucht. Das sind 3 oder 4 Werte. Alles halb so eild und geht recht schnell und kostenfrei.
Beim Tiny House auf einem Fundament wird das wie ein EFH behandelt.
Tiny House on Wheel ist das noch einmal was anderes. Da besteht der Hochwasserschutz im wegfahren. Oder aber, der Hochwasserspiegel von Amtswegen ist so gering, dass ihr Stelzen oder Wechselbrücke nutzen könnt um diesen Wert zu übertreffen.
Bei uns war der 120cm. Das ist schon ordentlich, wenn man nur 4m Höhe hat.
Bei uns war das Wasseramt Aschaffenburg recht fix. Ich meine, dass war in einer Woche geklärt.
Gebäude Energie Gesetz / GEG
Noch eine Sonderregelung ist die GEG Vorgabe. Bisher war das für ein Tiny House nicht zwingend nötig oder man konnte auf besondere Härte plädieren. Aber im Zuge des Krieges und der Einsparungen, wird das zum 1.1.2023 auch für die Tiny Häuser Pflicht. Bitter, aber es geht ganz gut mit der Kombi PIR Dämmung und ISUM MF 14. Video dazu kommt noch.
Gut zu wissen: Wer das Tiny nur als Sommervariante nutzt, braucht die GEG Vorgaben für Dämmung nicht einhalten. Wohnt man darin, wird das Tiny dann faktisch zum Wohngebäude mit Gebäudeklasse 1 und da gilt 024 bzw. 020 für das Dach.
Die Härtefallregelung kann nur bei den Sanierern angewendet werden. Dazu muss man das Maximum machen und dennoch unter 035 kommen. Das Problem ist, es ist eine kann Bestimmung. Nettes Bauamt sagt ja, aber… nicht immer der Fall.
Den Nachweis dazu müsst ihr haben. Normal macht das der Tiny House Bauer oder Architekt, wenn ihr aber selber baut, dokumentiert alles!
Wichtig: Kauft ihr ein gebrauchtes Tiny House, dann werdet ihr auch die Werte einhalten müssen. Dazu später mehr als Video. Ihr fallt dann unter die Sanierer und habt einen Zeitrahmen, in dem ihr sanieren müsst. Zumindest als Dauerwohnsitz in 4 Jahreszeiten.
Wahrscheinlich ist das mit einer 12-13cm dicken Wand zu machen.
Kaminofen / Schlot
Da wir beim Wohnen Gebäudeklasse 1 sind, gelten hier auch die normalen rechtlichen Vorgaben. Der Schornsteinfeger macht dazu die Feuerstättenschau und sagt euch, was ihr machen müsst. Üblicherweise braucht ihr ein Blech um den Ofen, das Rohr sollte weiter oben aus dem TH gehen und die Durchführung muss Feuerfest sein. Ebenso muss außen der Schlot über das Gebäude ragen und es gibt Abstandsvorschriften zum Nachbarn und Fenstern. Wenn ihr also Kamin wollt, dann fragt zuerst den Schornsteinfeger und schaut den Platz an, ob man Nachbarn stört.
Wichtig ist dann auch eine Belüftung. Ansonsten verbrennt alle euer Sauerstoff und das kann übel enden. Daher eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung nutzen. Es gibt wohl einige wenige Kamine, die haben einen eigenen Lüftungsanschluss nach draußen.
Ansonsten gelten auch die Vorgaben zur Reinigung und ggf. Prüfung der Anlage.
Tipp: Macht einen CO und Feuerwarner in euer Tiny House.
Gasheizung: Die muss alle 2 Jahre überprüft werden. Das ist durch einen mobilen Prüfer möglich. Ansonsten die TÜV und Dekra Stationen. In Siedlungen kann man gemeinsam die Prüfung durchführen lassen.
Splitklima: Da gibt es keine Vorgaben, aber der Einbau muss von einem Fachmann gemacht werden. Und zwar einem SHKler mit der R32 Prüfung. Sonst drohen bis zu 50.000€ Bußgeld.
Sonderbaugebiet
Grad die Siedlungen sind Sonderbaugebiete und dafür werden Vorgaben aufgestellt. Die sind zwar sehr allgemeingültig, können aber problematisch sein. Denn wenn man sein THoW für eine Siedlung angepasst hat und will umziehen, dann passt es evtl. nicht mehr.
Die Betreiber senden euch dazu eine Liste.
Auch hier braucht es keine Baugenehmigung, aber es gilt praktisch das Hausrecht. Die Vorgaben sind mit den Bauämter abgestimmt, da wird es schwierig etwas zu ändern. Aber meist sind die Auflagen nur gering. Wie zum Beispiel keine grellen Farben verwenden, Abstände zum Nachbarn oder Solaraufständerung.
Einspeisung ins Netz / Solar
Auch das ist so eine Sache. Der Gesetzgeber macht keinen Unterschied zwischen Immobilie und Mobilie. Der Netzbetreiber hat auch kein direktes Veto, sondern prüft nur, ob man an der Stelle einspeisen kann. Dabei geht es um die technische Möglichkeit. Ihr habt eine On Grid, also eine Anlage die sich im Stromnetz befindet und Strom abgibt oder aufnimmt. Da bekommt ihr eine Einspeisevergütung von 8,2 Cent pro Kw/h. Nur mal zum Vergleich, wenn dann euer Strom nicht reicht, zahlt ihr aktuell beim Ökostrom 67 Cent….
Sofern es technisch geht, sollte es kein Problem sein. Aber evtl. müsst ihr Zähler nachrüsten. Anfrage Energieberater läuft.
Wenn aber nicht, was dann?
Ihr baut eine Off Grid Anlage. Diese muss auch angemeldet werden. Ihr könnt dort dennoch die 230V Landstrom anschließen, aber der Wechselrichter darf keinen Strom in das Netz abgeben.
Daher sollte dringend ein Powerpack dazu nehmen. Ich baue mir eine 48V / 280Ah Anlage mit BMS für 2000€. Bei 67Cent / Kw/h habe ich die nach 3000Kw/h wieder raus. Grad mit Splitklima, mehr als sinnvoll.
Falls es bei euch windig ist, könnte auch die Kombi mit einer vertikalen Windkraftanlage sinnvoll sein.
Elektrik
Auch das gehört in die landesweiten Vorschriften. Ohne abgenommene Elektrik von einer eingetragenen Fachfirma, wirst du keinen elektrischen Anschluß bekommen. Wenn dich jemand privat versorgt, mag das gehen, aber was bei einem Umzug? Zumindest wird man dir eine Hauptverteilung nicht einfach so anschließen.
Ein anderer Aspekt ist die Versicherung. Wenn etwas durch die Elektrik passiert und es hat keine Fachfirma installiert, könnte es bei der Schadensbegleichung arge Probleme geben. Dann musst du einen Nachweis führen und Versicherungen zahlen ungern.
Beste Lösungen:
- Du machst die ganzen Zuarbeiten, der Elektriker schließt an und mißt die Elektrik durch.
- Du könntest auch auf 12, 24 oder 48V gehen, wenn du eh Solar hast. Diese Elektrik darf man selber machen.
Schlusswort
Verfahrensfrei hört sich sooooo gut an, aber mahr auch nicht. Und in anderen Bundesländern, kann das schon ganz anders aussehen…
Dennoch hält sich der Aufwand in Grenzen. Paar Telefonate und Mails, dann ist man schon gut weiter.